Drachengeflüster

Der Wind ist sein Kamm, der Regen sein Bad.

Sein Zuhause sind die Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft.

 

Vielleicht hat der Fund eines Dinosaurier-Skelettes in der Frühzeit die menschliche Fantasie so angeregt, dass seither der Glaube an Drachen nicht versiegt ist. Einzelne Merkmale wie Gebiss und Klaue erinnern ja sehr stark an einen Drachen, den Rest der Drachenphilosophie hat dann die menschliche Fantasie erschaffen. In fast allen Kulturen der Himmelsrichtungen gab es den Mythos des Drachen und seine Existenz war keine Frage des Glaubens.

 

In der westlichen frühen Kultur hausten sie in großen dunklen Höhlen. Es waren gefürchtete Menschenfresser. Sie waren älter als die Welt, geboren aus dem Chaos, Feuer speiend. Manch mutiger Held hat in den alten Legenden sein Leben lassen müssen im Drachenkampf. Die größten Helden aber siegten im Kampf um Gut oder Böse, denn der Drache stand für das Böse in der westlichen Kultur. Die Nordländer glaubten, dass NIDHÖGG, der Drache, dem Lebensbaum YGGDRASIL, der unsichtbar vom Himmel bis in die tiefsten Erdschichten wuchs, aus der tiefsten Hölle heraus die lebensspendenden Wurzeln abfraß. Es gibt unzählige Drachengeschichten, gemeißelt in Stein, gemalt auf Papyrus oder festgehalten auf Seide und gedruckt in altem Schweinsleder gebundenen Büchern.

 

Von allen Drachen berühren mich am nachhaltigsten die östlichen. Hier ganz besonders die chinesischen, denn im Gegensatz zu den japanischen, die auch oft das Böse darstellten, stehen sie für das Gute. Erste Drachendarstellungen in China gehen auf das Jahr 8000 vor unserer Zeitrechnung zurück. Drachen wurden durch alle Dynastien bis zum heutigen Tage in den unterschiedlichsten Materialien und Formen dargestellt.

 

Am meisten ausgeschmückt und bis ins Detail gearbeitet waren sie wohl in der Ming-Dynastie (1368 – 1644). Im Kosmos bewachten und bewahrten sie das Gute. In der Unbill des chinesischen Alltages waren sie unentbehrlich. Angeführt vom Himmelswächterdrachen, der für den Schutz der Götter und des Kaisers verantwortlich war (Dieser war der einzige, der fünf Klauen besaß, Abbildungen von Drachen mit fünf Klauen waren nur für den kaiserlichen Besitz bestimmt. Alle anderen Drachen hatten nur vier oder drei Klauen.), folgte der Reigen zum Wetterdrachen, Herrscher der Winde, Wolken und Regen. Letzteren galt es besonders zu verehren, war er doch verantwortlich für Naturkatastrophen. Schatzdrachen lebten unter der Erde und bewachten hier die Edelmetalle, Edelsteine usw. Diese Drachen besaßen die berühmte Perle. Alles was in Berührung mit ihr kam, vermehrte sich oder führte auf okkulte Weise zur Vermehrung von Weisheit. Der letzte im Reigen der kosmischen Drachen ist der Erd Drache. Er ist der Herr der Flussläufe und reguliert den Wasserlauf. Sein Palast liegt am Grunde eines jeden Sees oder Flusses. Diese Art von Drachen stimmen mich heiter und erwecken das Kind im Manne.

 

Seitdem ich töpfere, sind sie zu meinen treuen Geisteswesen geworden und manchmal, wenn mir vor lauter Normschalen ganz schwarz vor Augen wird, muss ich wieder einmal eine Drachenschale töpfern, das macht die Finger geschmeidig und öffnet den Geist für einen Raum, wo Mythen und Legenden noch zu Hause sind (Da in unserer heutigen Kultur die Politik die Legenden- und Märchenwelt übernommen hat und sich der Zugang hier für mich nicht recht einfinden will, pflege ich noch meine Drachen, auf dass sie mir weisen, was Gut und was Böse ist. 


Möge die Perle des Schatzdrachen die kleine Gemeinde der Bonsaifreunde berühren, auf dass sie sich mehren und die Neider weiser machen.

 

Peter Krebs


Dragon Whisper

The wind is his comb, the rain is his bath. His home are the elements fire, water, earth and air.

 

Perhaps human fantasy was stimulated by the discovery of a dinosaur skeleton in early times, so that the belief in dragons has not ceased since then. Some features of dinosaurs, like teeth and claws, are indeed very dragon-like, the rest of the dragon philosophy was added by human fantasy. In nearly all cultures of the world there was the myth of the dragon, and its existence was no question of belief.

In the early Western culture they resided in large dark caves. They were dreaded man-eaters. They were older than the world itself, born from chaos, spitting fire. Some courageous heroes of the old legends have lost their lives in dragon fights. The greatest heroes however won the fight between good or evil, since the dragons symbolized evil in the western culture. The Nordic people thought that the dragon NIDHÖGG was sitting in the deepest hell, eating away at the vital roots of the tree of life, YGGDRASIL, which grew invisibly from the sky to the deepest layers of earth. There are countless dragon stories, carved in stone, painted on papyrus, written on silk or printed in old, leather bound books.

Of all dragons, it's the Eastern ones that touch me the most; especially the Chinese dragons because they symbolize the good, in contrast to the Japanese dragons, which often also symbolize evil. The first dragon illustrations in China go back to the year 8000 B.C. Dragons were pictured through all dynasties until today in all different materials and shapes.

The most decorated and elaborate ones were probably those in the Ming dynasty (1368 – 1644). In the cosmos they guarded and kept the good. In the adversities of everyday life in China, they were indispensable. They were lead by the dragon guarding the sky, who was responsible for the protection of the gods and the emperor. (This was the only one with five claws, pictures of dragons with five claws were only meant to be possessed by the emperor. All other dragons had only four or three claws). The weather dragon followed, who was the ruler of the winds, clouds and rain. He was to be especially adored, because he was responsible for natural disasters. Treasure dragons lived under the earth and guarded the precious metals, precious stones etc. Those dragons possessed the famous pearl. Everything that got in contact with it, grew or multiplied itself, or in a mysterious way lead to an increase of wisdom. The last of the cosmic dragons is the earth dragon. He is the ruler of the rivers and controls the flow of the water. His palace lies on the bed of every lake or river. These types of dragons make me cheerful and wake the child inside the man. Since doing pottery, they have become my loyal spirits, and  at times, when my eyes get tired of making all those regular pots, I have to create another dragon pot. This makes the fingers flexible and opens the mind for a space inhabited by myths and legends. Since in today's culture politics have taken over what used to be the world of legends and fairy tales, and the access to this world isn't really open to me, I tend to my dragons so that they instruct me about good and evil. May the pearl of the treasure dragon touch the little community of bonsai friends, so that they increase in their numbers  and may it make the envious people wiser.